Dienstag, 23. November 2010

Ach du liebe Güter!

Ende des 19.Jahrhunderts zogen in Amerika bereits Wanderarbeiter umher und nutzen bevorzugt Güterzüge als Fortbewegungsmittel. Die Herkunft des Wortes Hobo konnte ich nicht eindeutig recherchieren, es steht jedoch im allgemeinen (amerikanischen) Sprachgebrauch für eine (obdachlose) Person, welche mittels Güterverkehr durch die Welt reist. Mitlerweile gibt es in den USA eine Szene, die diese Art der Fortbewegung zum Abenteuer-Trip umfunktioniert. Entsprechende Videos kann man bei YouTube finden.
Wer sich jetzt fragt, worauf ich denn nun hinaus will: es geht um Graffiti, Hobo-Graffiti. Schon damals haben viele der Landstreicher ihre Kürzel hinterlassen, in und auf Güterwaggons. In der Graffitiszene ist das Sprühen auf Züge des Personenverkehrs etabliert. Doch auch auf Güterzügen gab es schon lange Graffiti und es werden immer mehr. Gerade in industriellen Ballungsgebieten wie dem Ruhrpott, wo Unmengen an Gütern über die Schienen transportiert werden, floriert das Besprühen der Waggons.

Was ist der Unterschied zwischen einem besprühten Güter- und einem besprühten Personenwagon? Fakt ist, dass die deutsche Bahn und die meisten Privatbahnen so schnell wie möglich ihre besprühten Wagons reinigen. Im Güterverkehr scheint es den meisten Unternehmen egal zu sein, in welcher äußeren Erscheinung sich die Waggons durch die Landschaft bewegen. Wichtig für einen reibungslosen Ablauf in der Güterüberfuhr ist jedoch , dass die Sonderbeschriftungen der Waggons lesbar sind. Werden diese übersprüht, so werden die betroffenen Stellen (manchmal der ganze Wagon) übergestrichen. Jetzt mag man doch denken, dass es für einen Sprüher viel lohnender ist einen Güterwagon anzumalen, da so sein Werk eventuell länger als ein paar Stunden oder Tage unterwegs ist. Für die meisten Sprüher ist der Personenverkehr jedoch interessanter. Mehr Menschen sehen ihre Werke, die Strecken führen durch die Stadt und es ist etwas besonderes, weil es eher selten vor kommt. Dadurch, dass die Züge von Sicherheitsfirmen bewacht wird, auch aufregender, weil es gilt eine Lücke im System zu finden.

Unter extremen Bedingungen etwas möglichst Schönes, Buntes und Großes zu schaffen ist eine größere Herausforderung. Die Motivationen bei Graffiti-Sprühern sind natürlich unterschiedlich, daher kann diese Aussage nicht auf jeden zutreffen. Alle vereint aber der Wunsch, seinen Namen zu verbreiten, zu zeigen, dass man da war. Wie damals die Hobos eben.
 
Ich möchte euch im Rahmen dieses Posts die Sprühergruppe "Hobos" vorstellen. Eine Gemeinschaft von Sprühern aus dem Ruhr- und Rheinland. Sie haben es auf die Güterzüge abgesehn und weisen bereits eine riesige Anzahl an abgefahrenen Panels in verschiedenen, meist außergewöhnlichen Stilen gesprühten Bildern vor. Bilder der Gruppe fahren besonders in ihrem Revier herum, wurden jedoch auch schon in andern Bundesländern und benachbarten Ländern wie der Schweiz, Holland oder Polen gespottet.

Hier eine kleine Auswahl von schönen bunten Bildern der Crew:









Mit der wachsenden Güterzugsprühergemeinde wächst auch die Spottergemeinde, welche die Bilder auf den Güterzügen dokumentiert. In Blogs und Foren werden die Fotos dann gepostet und der eine oder andere Sprüher kann so den Weg, den sein Bild nimmt, ansatzweise verfolgen. Der Blog Güterzug hat sogar ein kleines gleichnamiges Magazin mit der mitlerweile dritten Ausgabe am Start. Unten kündigt sich auch das Freightmag mit einem Graffitifilm über Güterzugfarbkunst an.

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